Der Coach und sein Ostseeman

Nachdem ich von einigen Coachees gebeten wurde, einen Wettkampfbericht zu meinem „Ostseeman“ zu verfassen – hier ist er:


Für mich ist es eine wirklich große Herausforderung, mich zu einem Wettkampf anzumelden. Weiß ich doch nur zu genau, dass ich als „Obersmiley“ unter zwar wohlwollender, aber doch ständiger Beobachtung meiner Coachees stehe. Das hat dazu geführt, dass ich mich, mangels ausreichender Trainingszeit, zwei Jahre lang von jeder  aktiven Wettkampfteilnahme ferngehalten habe. Wenn ich denn schon starte, sollte das Ergebnis nicht einfach nur peinlich sein. „Einfach nur peinlich“ ist es nicht geworden, aber besonders gut gelaufen ist es auch nicht. Und ich war noch nicht ganz zu Hause, da hatte schon jemand meine Urkunde mit Zwischenzeiten und anderem Pi-Pa-Po in unserer go!-coach-Facebook-Gruppe gepostet. Ich war zwar nicht sonderlich überrascht, aber dass es so schnell gehen würde ....

3,8 km Schwimmen
Geschwommen wurde ein zwei-Runden-Kurs in der Ostsee. Da hatte ich schon arge Befürchtungen. War es für mich doch seit vielen Jahren wieder das erste mal, dass ich wettkampfmäßig im offenen Meer schwimmen sollte. Wie würde das funktionieren? Hätte ich mich mit gefühlt mannshohen Wellen herumzuschlagen? Und wie würde mir das Salzwasser schmecken?
Die offiziell vorgesehene Einschwimmzeit von 6:30 bis 6:45 Uhr musste ich leider in der Warteschlange vor den (viel zu wenigen) Toilettenhäuschen verbringen.

Der Massenstart um 7:00 Uhr war schon mal eine ordentliche Herausforderung. Zwar hatte ich mich bescheiden nur im äußeren Mittelfeld plaziert, aber auch da ging es noch richtig ab. Die ersten Minuten war es eigentlich kein Schwimmen. Ich würde es eher als „Überlebenskampf mit Vorwärtsdrang“ bezeichnen. In diesem Zusammenhang unvergessen ist der überaus sportliche Mitschwimmer, der sich gekonnt meines linken Fußes bemächtigt, und sich mit einem kräftigen Ruck an mir langgezogen hat. Er hat ein paar Sekunden gewonnen und sich dafür als absolut unfair und unsportlich geoutet. Vollkommen unverständlich.
Als passionierter Hallenbadschwimmer, der eigentlich nur an Badewannentemperaturen gut gewöhnt ist, führte die recht kühle, aber immerhin ruhige Ostsee die ersten paar Minuten zu einem vollkommen unkontrollierten „Zweierzug mit Schnappatmung“. Ein zehnminütiges, lockeres Einschwimmen hätte da sehr geholfen. Erst nach ca. 5 Minuten hatte ich meinen Rhythmus einigermaßen gefunden und konnte nun auch mehr und mehr meine unglaublich ästhetische Schwimmtechnik zur Anwendung bringen – ganz nach dem Motto - „nicht schnell aber schön“ ;-).
Nun ja, nach 1:14:40 war es überstanden. Und eigentlich war ich noch ganz zufrieden ....


180 km Radfahren
Die Radstrecke war ein 6 X zu durchfahrender, sehr schöner und abwechslungsreicher Rundkurs. „Leicht hügelig und schnell“ stand auf der Website des Veranstalters. Wahrscheinlich war der Autor ein ehemaliger Tour-de-France-Fahrer, der Steigungen erst ab 10% überhaupt bemerkt. Allerdings muss ich zu seiner Ehrenrettung erwähnen, dass es auch einige Radzeiten deutlich unter 5 Stunden gab. Ob die wohl die gleiche Strecke gefahren sind .... ?
Abgesehen davon, das Streckenprofil auf der Website hätte mich warnen können.
Sicherheitshalber habe ich mir noch keine Zeitfahrmaschine zugelegt. Womit sollte ich sonst mäßige Radzeiten entschuldigen? Also bin ich mit meinem Rennrad gestartet. Schließlich ist das im Training gut an einen 30er Schnitt gewöhnt. Und viel schneller sollte es heute auch nicht werden. Eigentlich gab es keinen Grund, warum das nicht klappen sollte. Gute Entschuldigung – Fehlanzeige.
Irgendwie war es überhaupt nicht mein Tag. Schon in der ersten Runde habe ich gemerkt, dass ich den 30er Schnitt mit dem angepeilten Rad-Wettkampfpuls heute in das Reich der Träume verabschieden musste. Da kommt richtig Panik auf. Jetzt gab es für mich zwei Möglichkeiten:

1. mich in dieser frühen Phase des Wettkampfes schon mit einem unbefriedigenden Ergebnis zufrieden geben oder

2. Belastung (Puls) erhöhen und hoffen, dass sich diese Entscheidung beim Laufen nicht fürchterlich rächt.

Wie fast nicht anders zu erwarten, habe ich mich frühzeitig für Variante zwei entschieden. Das Ergebnis dieser „wohldurchdachten“ Entscheidung war, dass der 30er Schnitt trotzdem nicht erreicht wurde, dafür aber zu viele Körner für den abschließenden Marathon verbraucht wurden. Toll! Jedem meiner Coachees hätte ich ein paar passende Worte zu einer solchen Entscheidung gesagt.
Ich gestehe, warum es auf dem Rad überhaupt nicht funktioniert hat, ist mir bis heute nicht ganz klar. Da muss ich unbedingt mal den Coach um eine Analyse bitten. Wahrscheinlich hat es doch am Rad gelegen ;-)

42,2 km Laufen
Die Laufstrecke war ein ebenfalls recht anspruchsvoller Rundkurs, der 5 X zu durchlaufen war. Auch hier gab es Steigungen, die ich in unmittelbarer Küstennähe nicht unbedingt erwartet hätte. Aber an diesem Tag gab es schließlich viel Unerwartetes. Absolut unerwartet auch meine Laufzeit von über 4 Stunden. Da fehlten die Körner, die ich auf der Radstrecke verpulvert hatte. Leider war es zwischenzeitlich auch recht heiß geworden. Aber egal, auf der Laufstrecke konnte ich dann doch wieder einige Plätze gutmachen. Da habe ich angefangen zu träumen. „Wenn ich jetzt noch gut auf dem Rad gewesen wäre ....“

In Anbetracht einiger Coachees, die ihren Coach an diesem Tag locker abgehängt hätten, habe ich, auf der Suche nach etwas Trost, im Internet ein Zitat Leonardo Da Vinci gefunden, das ich flugs für meine Bedürfnisse etwas verändert habe.

„Armselig der Lehrer, der von seinen Schülern nicht übertroffen wird“




Fazit
Der Ostsseman ist ein sehr schöner, liebevoll organisierter, anspruchsvoller Langdistanzwettkampf, mit abwechslungsreichen Teilstrecken. Er ist eher kein Wettkampf, um persönliche Bestzeiten zu verbessern. Aber wer Spass daran hat, eine Langdistanz in landschaftlich reizvoller Umgebung, toller Athmosphäre und mit einem begeisterten Publikum zu bestreiten, dem kann ich eine Teilnahme am nächsten Ostseeman am 04. August 2013 wärmstens empfehlen. 

Andreas Oschmann