Wenn die Leistung stagniert - Teil 1: Diagnose

von Andreas Oschmann

Das passiert im Leben fast jedes Sportlers: Trotz regelmäßigen Trainings geht es einfach nicht mehr voran. Die Zeiten auf den heimatlichen  Laufstrecken verändern sich kaum, und die letzten Wettkämpfe hätte man sich sparen können.

Sehr schnell (oft viel zu schnell) werden Fragen aufgeworfen: Trainiere ich zu wenig oder bin ich etwa schon im Übertraining? Ist es einfach an der Zeit, mehr oder auch andere Reize zu setzen? Die Diagnose „Leistungsstagnation“ ist selten leicht zu stellen.

Nicht immer ist eine tatsächliche Leistungsstagnation der Grund, wenn die Bestzeit auf der „Heim- und Hausrunde“ einfach nicht fallen will. Und die letzten Wettkämpfe, hätte man sich diese tatsächlich schenken können?

Wieder gab es keine neue Bestzeit – noch nicht einmal das Vorjahres-Ergebnis konnte erreicht werden. Dabei war die Vorbereitung wie immer, und die Wettkampfbedingungen waren nahezu optimal. Warum dann wieder kein Erfolgserlebnis?

Stagniert die Leistung tatsächlich?
Bevor Du jetzt in eine „Bestzeit-wieder-nicht-geknackt-Depression“ verfällst, sollten wir etwas Ursachenforschung betreiben:

Unter welchen Bedingungen wurde beispielsweise die Bestzeit auf der Hausstrecke erreicht? Hat bei diesem Lauf einfach alles hundertprozentig gepasst? Hat Dich ein starker Mitstreiter dermaßen motiviert, dass der geplante Trainingslauf eher den Charakter einer persönlichen Privatfehde bekam? Führte diese extrem hohe Motivation zu einer (Puls)Belastung, wie Du sie bei einsamen Tempoläufen schlichtweg nicht erreichst?

Solltest Du eine oder mehrere dieser Fragen mit "Ja" beantworten, ist das mehr als ein Indiz gegen eine akute Leistungsstagnation. Denn der Unterschied zwischen dem persönlichen Zehn-Kilometer-Wettkampftempo und einem Zehn-Kilometer-Tempolauf ist größer als allgemein angenommen. Darüber hinaus bleibt zu analysieren, wie die Bedingungen bei den letzten Wettkämpfen waren. Schon an den äußeren Bedingungen (Wetter etc.), aber auch an der jeweiligen Topografie und der Streckenbeschaffenheit kann Deine neue Bestzeit gescheitert sein. Nicht zu vergessen: die Tagesform.

Ist Deine Geburtstagsfeier am Vorabend doch nicht ganz spurlos vorübergegangen? Welchen beruflichen oder auch privaten Belastungen warst Du in den letzten Tagen ausgesetzt? Waren die fast vergessenen Halsschmerzen von gestern vielleicht erste Anzeichen für eine Überlastung Deines Immunsystems und schon der Vorbote einer starken Erkältung?

Dein Organismus kann nämlich auch dann schon deutlich geschwächt sein, wenn Du es im täglichen Leben unter Normalbedingungen noch gar nicht bemerkst. Ein Wettkampf ist nun mal eine besondere Situation. Persönliche Bestzeiten kannst Du dann erreichen, wenn sowohl die äußeren Voraussetzungen als auch Deine Tagesform optimal sind.

Momentaufnahmen
Ob Deine Leistungsentwicklung tatsächlich stagniert oder sich nur vorübergehend auf einem Plateau befindet und der nächste Leistungssprung vielleicht unmittelbar bevorsteht, kann mit Hilfe derartiger „Momentaufnahmen“ nicht zuverlässig beantwortet werden. Sowohl gelegentlich eingeplante Tempoeinheiten, als auch die noch seltener stattfindenden Wettkämpfe (unter optimalen Bedingungen) sind in diesem Sinne Momentaufnahmen.

Du solltest nicht davon ausgehen werden, dass derartige mehr oder weniger zufälligen Trainings- oder Wettkampfergebnisse Deine aktuelle Formentwicklung tatsächlich zuverlässig widerspiegeln.

Die beschriebene Problematik war für uns Motivation und Inspiration, die „go!- coach-Formkurve“ zu entwickeln. Dank dieser ist es möglich, unter Berücksichtigung der Parameter Streckenlänge, Zeit und Durchschnittspuls ganz normale Trainingseinheiten im hinblick auf Deine aktuelle Form zu analysieren. So werden nicht nur Deine Tempoläufe für die Beurteilung der Form herangezogen, sondern auch Einheiten im unteren oder mittleren Belastungsbereich.

Auf diese Weise entsteht umfangreiches Datenmaterial, mit dessen Hilfe beurteilt werden kann, ob eine Leistungsstagnation überhaupt vorhanden ist. Erst wenn die grafische Darstellung der Formkurve über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen nicht mehr mit einem zumindest geringen Anstieg auf die üblichen Trainingsreize reagiert, ist es an der Zeit, Dir Gedanken darüber zu machen, ob Dein gegenwärtiger Trainingsumfang und Deine üblichen Trainingsmittel noch den eigenen Ansprüchen genügen.